Das Festival Electrotango in Buenos Aires scheint sich als Event fest etabliert zu haben und kann inzwischen als eine der Säulen der alternativen Tango-Szene in der Welthauptstadt des Tangos angesehen werden. Während in der Stadt immer noch überwiegend die traditionelleren Strömungen gepflegt werden, weist das Festival in eine neue Richtung, die das Panorama in diesem Sektor ganz wesentlich verändert.
Es ist richtig, daß das Festival mit einer dramatischen wirtschaftlichen Situation kämpfen muss und tatsächlich Ressourcen aus dem internationalen Publikum schöpft, das sich die wichtigsten Akteure des Elektrotangos – zumal bei sehr zugänglichen Preisen – nicht entgehen lassen will. Auch fasst es viele interessierte Tangueras und Tangueros zusammen, die während des Jahres eher schlecht an dergleichen Angebote herankommen. So erfreut sich das Festival an den vielen Argentiniern und Ausländern – zumeist Deutsche und Nichteuropäer – die in dem Event bereits eine feste Marke für ihren Aufenthalt in Buenos Aires sehen, eine Veranstaltung, die ihnen bereits vertraut ist und denen in ihren Heimatländern ähnelt.
Innzwischen erreicht das Festival auch Medien, die für das Genre eigentlich ungewöhnlich sind. Ein sehr guter Artikel erschien zum Beispiel in der örtlichen Ausgabe der Zeitschrift Oh la lá, die anderweitig dem Tango wohl kaum Aufmerksamkeit schenken würde. In gewisser Weise hat der kontinuierliche Einsatz des Festivals sowie auch seiner „Mini“-Versionen im Frühjahr dazu geführt, daß sich der Electrotango zu einem ‚coolen‘ Medium entwickelt hat, das auch Leute außerhalb der Szene anspricht.
Künstlerisch erfindet sich das Festival jedes Mal neu. Da sind zwar die unersetzlichen Künstler und Bands, die die Basis des Events bilden: Tanghetto, Otros Aires, Narcotango, Mona Isabelle, Cachivache, Tangorra und Mario Rizzo. Jedoch die KünstlerInnen der zweiten Reihe tragen mit ihrer eigenen Farbe und Persönlichkeit zur Identitätsbildung des Events bei, sowie auch die Workshopanbieter, wie zum Beispiel die herausragenden Hugo Mastrolorenzo und Agustina Vignau – die derzeit ein alternatives Theaterstück inszenieren.
Auch jene DJs, die das ganze Jahr über in alternativen Locations auflegen, können sich hier austoben, wie Tandas Nuevas oder Play Tango, so wie auch Newcomer, wie z.B. Tango21 aka Geert Böttger aus Deutschland. Das Festival bietet eine Plattform für bis dato unbekannte KünstlerInnen und Bands, wie La Resistencia auf dem ersten Festival oder neuen Tänzerinnen wie Irina Jabsa und Guadalupe Santiago oder der Truppe von Anguila Tango Trío, die vielleicht in der Stadt schon einen bestimmten Bekanntheitsgrad erlangt haben, jedoch noch nie im Ausland waren.
Dieses Jahr wurde das Festival an einer neuen Örtlichkeit anberaumt: Statt im „Galpón B“ standen im Quartier San Telmo die größeren Flächen des „Woki Toki“ auf der Tacuarí 905 zur Verfügung. Kenner der Szene wissen, daß dort aktuell die Milonga ‚Bilongón‘ regelmäßig stattfindet und früher Standort des ‚Chanta 4‘ war. Der Umzug bescherte dem Festival erfreulicherweise eine zweite Piste, jedoch gibt es da noch Raum für organisatorische Korrekturen: während der gesamten Veranstaltung konzentrierte sich das Publikum auf die – übervolle – dominante Szene, wobei die zweite Fläche zeitweilig fast leer blieb.
Nichtdestotrotz ist da eine Szene, die bereit ist, sich zu zeigen und zu wachsen, mit immer neuen musikalischen Angeboten, die von dem Publikum dankbar angenommen werden. Das Festival befindet sich in seiner vollen Wachstumsphase und hat seinen Platz im Genre gefunden.
[…] gehört zu den Gründern und Organisatoren des Electrotango-Festivals in Buenos Aires. Dieses Festival hat das “Subgenre” Electrotango erheblich stabilisiert und als Teil des […]