Livemusik im Tangocamp

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Orquesta TOL -Tango Orchester LAB - Foto: Geert Böttger
Orquesta TOL -Tango Orchester LAB - Foto: Geert Böttger

Das „Tango LAB“ in der Proitzer Mühle, organisiert von Ines Moussavi und ihrem Team, hat einen ausgezeichneten Ruf als Tango-Retreat. Die „Mühle“ umgibt eine Fama von Abgeschiedenheit und Konzentration auf den Tango, die sie für viele Enthusiasten zu einem Sehnsuchtsort gemacht hat. Ablenkungen vor Ort gibt es nicht – nur Natur, Besinnung und Tango.


Den meisten Teilnehmern geht es um das tagelange Tanzen. Es gibt aber darüber hinaus eine kleine, unüberhörbare Minderheit: eine Gruppe von Musikern, die Tangos einüben. Sie sind das Musikcorps des Camps. Entstanden ist das „Tango Orchester LAB“ (TOL) bereits vor Jahren aus dem Bedürfnis nach Livemusik für die allabendlichen Milongas. Inzwischen findet es dreimal jährlich statt, Frühling, Sommer und Herbst.


Herausgekommen ist eine wunderbare Symbiose, denn die meisten Musiker spielen, damit andere Menschen ihnen zuhören und sich bewegen. Bei den Milongas des LAB gibt es zwischen 50 und 80 Tänzer, die vor allem im Sinn haben, sich zu guter Musik den Schritten, Umarmungen und Figuren des Tango im Paar hingeben zu wollen. Gibt es eine bessere Voraussetzung für Musiker, wenn sie als musikalischer Höhepunkt zwei- oder dreimal in dieser Intensivwoche die Musik machen?

Proitzer-Muhle - Foto: Geert Böttger
Proitzer-Mühle – Foto: Geert Böttger


Korey Ireland, der Leiter des TOL hat einen großen und langen Erfahrungsschatz als Leiter von Tango Community Orchestern. Die sind bunt zusammengewürfelt bezogen auf die Instrumente und das musikalische Niveau. Ihre Gemeinsamkeit ist zunächst nur, dass alle Tango spielen wollen. Am TOL Sommer 2022 nahmen sowohl Musiker teil, die als Musiklehrer arbeiten, als auch Enthusiasten, deren Selbsteinschätzung bei „fortgeschrittenem Anfänger“ lagen. Entsprechend waren auch die Erwartungen und Ansprüche unterschiedlich. Die Musiker mit mehr Erfahrung und Können wollten vor allem musikalisch tiefer in den Tango eindringen, die weniger erfahrenen wollten einfach nur besser spielen bzw. besser mit andren zusammenspielen können. Alle zusammen wollten aber Spass und Freude haben und sich tagelang auf Tango konzentrieren.


„In ein zwei oder drei Tagen“, sagte Korey zur Einführung des 10-tägigen Sommer-TOL, werden wir live spielen. „Wie soll das gehen“, fragten sich Neulinge im LAB. „Stark unterschiedliche Könnerschaft und Erfahrung, wie soll das in der Kürze was werden?“ „Keine Sorge“, sagte ein alter LAB-Hase, der zum 10.ten Mal an einem TOL teilnahm, „das klappt“.

Practica en elTango LAB.
Fotos: Geert Böttger
Practica im Tango LAB. Fotos: Geert Böttger


Am Montag spielten wir eine Fresedo – Tanda und eine Zugabe. Bei der Motto-Milonga am Mittwoch präsentierten wir eine Canaro-Tanda und Live Cortinas. Die Abschlußmilonga wurde zum Höhepunkt mit mehreren Tandas und von selbständigen Teilgruppen des Orchesters eingebrachten neuen Tangos zwischen Piazzolla und Narcotango. Alle wurden glücklich.


Korey verstand es, mit 4 gemeinsamen Übungsstunden täglich, die Gruppe als Orchester zu formen. Die Konzentration auf Fresedo und Canaro erlaubte es, unterschiedliche Stile zu vergleichen. Sein Management beruhte wesentlich darauf, die Stärken seiner Musiker zu nutzen und die Schwächen mehr oder weniger still zu kompensieren. Das gelang u.a. hervorragend, weil er selbst ein sehr guter Bandoneonspieler ist. Seine Kritik war durchgehend positiv formuliert und wenn möglich nicht an eine Einzelne, sondern an Instrumentengruppen adressiert. Schwächere Musikanten blieben unauffällig. Zuweilen wird Korey aber auch sehr eindringlich.


Darüber hinaus bot das Camp eine erfreulich verbindende Gruppendynamik für die Musiker und zwischen Tänzern und Musikern. Die Formierung und Aufführung von Livemusik für das Camp war ein eindrucksvoller gemeinsamer Prozess.

(Dieser Text erschien zuerst in der Tangodanza 4/22. Die Fotos wurden während des Tango Orchester Labs Sommer 2023 gemacht)

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