“Das Elektrotango-Festival gewinnt an Identität und begründet so die Wiederkehr dieses Subgenres. Mehr Produktionen, mehr Interesse an Elektrotango-DJs und viel Unterstützung seitens der Elektrotango-MusikerInnen in Bezug auf das Festival“, hebt Fernando Bietti hervor, bekannter DJ und Organisator alternativer Milongas in der einschlägigen Szene von Buenos Aires. Er ist auch einer der Verantwortlichen für das Festival Elektrotango, das nun in Buenos Aires vom 9. – 12.2.23 seine zweite Ausgabe im Galpón B, Cochabamba 2536, feiert.
„Das Interesse ist groß, dieses Event zu einem Erfolg werden zu lassen, auch in der Zukunft. Es ist schön zu sehen, daß es in diesem Segment zu einem wichtigen Treffpunkt geworden ist“, meint der Organisator.
Die Veranstaltung wird dieses Jahr noch um einen Tag größer. Klingende Namen der Szene wie Tanghetto, Otros Aires und Narcotango sind mit von der Partie, so auch neuere Bands und Persönlichkeiten wie u.a. Tangorra Orquesta und San Telmo Lounge, Nazarena Cáceres oder Lilí Gardés. Ebenfalls größer ist die Anzahl der DJs, die auflegen werden: vom letzten Jahr sind erneut Play Tango, Fran Borra, Mona Isabelle aus Deutschland, der genannte Fer Bietti oder Tandas Nuevas zugegen; hinzugekommen sind María Mondino – eine in Deutschland lebende Argentinierin – sowie Mora Idil, Vale Buyatti und weitere. Es werden Workshops angeboten, Ausstellungen, ein VJ und die Teilnahme der Tanz- Weltmeisterschafts-Gewinner ist angekündigt: Hugo Mastrolorenzo und Agustina Gómez.
In der Wahrnehmung der Künstler könnte sich ein Begriff wie „Zugehörigkeit“ herauskristallisieren. Auf die eine oder andere Weise scheinen hier alle während dieser Vier-Tage-Zusammenkunft einen gemeinsamen Referenzpunkt und gemeinsame Identifikation zu erwarten. Für viele MusikerInnen, die teils jahrzehntelange individuelle Suchen verfolgten, war es die Pandemie, die durch gemeinsame Treffen eine unverhoffte Kohäsion vermittelte.
„Kulturell war die Pandemie hart, sie hat uns jedoch die Möglichkeit gemeinsamen Arbeitens eröffnet. Sie gab uns das Gefühl, auf einer Linie zu liegen““, erinnert Nicolás Dworniczak, bekannter unter dem Namen Nico Calavera. Er hat sich mit der Gruppe Calavera Acid Tango einen Namen gemacht, die sich auf diesem Festival in neuer Zusammensetzung und mit neuem Namen präsentiert: La Resistencia.
Viele KünstlerInnen erhoffen sich ‚frischen Wind‘ von diesem Festival. Die DJane und Tänzerin María Mondino wird den Vorteil genießen, die Entwicklungen zu beiden Seiten des Atlantiks wahrzunehmen:
„Ich finde,“ sagt sie, „daß in Europa ganz allgemein und insbesondere in Deutschland sich Neotango und Neomilongas weit verbreitet haben. In Deutschland hat es gut eingeschlagen und nicht nachgelassen, wohingegen in Buenos Aires schon! Im Jahr 2010 haben sie angesichts der Weltmeisterschaft und des Aufleben des „Salontangos“, dem Elektrotango ‚Tschüs‘ gesagt“, befindet Mondino.
Aus einer Mode heraus haben sich der Elektrotango – und die weiter zu fassenden Strömungen de Tango Nuevo generell – zu einer alternativen Facette des Tangos in Buenos Aires entwickelt, obgleich sich diese Entwicklung zwar kontinuierlich, jedoch sehr langsam vollzöge. Sie findet einen Höhepunkt in diesem Festival.
Jeder hat so seine eigene Bewertung bezüglich des Eindrucks, den das Festival hinterlassen wird. Für einige, wie Bietti, wird es neue Produktionen ankurbeln. Mondino feiert „alles, was eine expandierende Ausdruckskraft, Werbung und Bereicherung des Genres bedeutet“. Für Nico Calavera ist es ein Modus, sich mit einer Tradition zu verbinden, nicht sie zu wiederholen, sondern sie zu ehren und zu neuen Horizonten zu bringen, bei einer Suche nach „dem Kontemporären in der Klanglichkeit“.
Für Miguel di Genova, dem Leiter von Otros Aires, ist es die Erfüllung einer Hoffnung: „Es ist das Ende einer Arbeit und der Beginn einer neuen“, stellt er fest. „Für mich war das Aufkommen dieses Elektrotango-Festivals die Erfüllung eines Wunsches, eines Traums, den ich schon viele Jahre hatte.“ Seiner Meinung nach könnten sich zwei Dinge aus dieser Entwicklung ergeben. Einerseits, daß der Elektrotango sich zu einem ganz eigenen Genre entwickle oder daß er sich alternativ in die Milonga-Programme als ein weiteres Subgenre integriere.
„Ohne zu viel Futurologie betreiben zu wollen, denn die Zukunft der Genres wird ein Mysterium bleiben, ist es jedoch wahrscheinlich – wenn das Festival sich etabliere mit einer wiedererkennbaren musikalischen Grammatik – daß es Einzug als Genre in die Milongas und ihre Tandas finden wird. So wie es eine Tanda mit Milonga und Walzer gibt, so wird auch eine Electrotango-Tanda ihren Platz haben. Das passiert bereits auf vielen Milongas, jedoch nur bei solchen, die dem Tango des 21.Jh. zugänglich sind, nicht auf allen.“
Über viele Jahre hinweg waren zweifelnde Stimmen am Elektrotango laut geworden, und seine generelle Zugehörigkeit zum Tango wurde infrage gestellt. Mondino findet darauf eine scharfe Antwort: „Der Tango ist mehr als gegenwärtig, nicht nur klanglich und über das Bandoneon, sondern weil wir Leute sind, die den Tango mögen und ihn (den Elektrotango, Anm.d.Ü.) als Tango tanzen!“
Quelle: https://tango21.info/?p=3023&lang=es
Übersetzung: Dr. Stela Popescu-Böttger
Programm des Elektrotango-Festivals
Galpón B: Cochabamba 2536, Buenos Aires
Donnerstag 9
- Tangorra Orquesta
- Tangueros del Oeste
- La Resistencia
- Anguila Tango Trio
- Bailan: Irinia Jabsa y Guadalupe Santiago
- Dj Jean Marc Vandel
- DJ Play Tango
- Milonga Darkfluo
Freitag 10
- Tanghetto
- Mariano Godoy
- San Telmo Lounge
- Gaby Avarez (live act)
- Bailan: Hugo Mastrolorenzo y Agustina Vignau
- DJ Mona Isabelle
- DJ Fer Bietti
- DJ Vale Buyatt
Samstag 11
- Otros Aires
- Narcotango
- Lili Gardes
- D Mol
- Mario Rizzo (performance)
- Bailan: Adriana BA y Maxi Paradiso
- DJ Maria Mondino
- DJ Mora Idil
- DJ Fran Borra
Sonntag 12
- El Cachivache Orkesta
- Tremor
- Tomi Lebrero & Alex Musatov
- Parade (performance)
- DJ Nati Fures
- Tango Loft Style
- Nazarena Cáceres
- DJ Tandas Nuevas
ein bisserl spaet die Veranstaltung vom Februar im April anzukuendigen?