Pandemie: Von Künstlern zu Influencern

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Radio Tango

Während der vielen Monate Lockdown war der kulturelle Tangobetrieb in Argentinien einer der ersten, der alle Zusammenkünfte und Aktivitäten eingestellt hatte. Die Bühnenkunst- und Musikschaffenden zählen zu den am stärksten betroffenen Berufsgruppen. Die Publikumsnähe ist ein wesentlicher Faktor zur Schaffung kreativer Ökosysteme. Die plötzliche Isolierung vom Publikum nötigt uns in eine neue Dimension hinein, in der wir Kulturschaffende uns experimentell und notgedrungen an die Herausforderungen der Covid19-Pandemie anpassen müssen.

Was können die Künstler in der Zwischenzeit beitragen, wo jegliche Aktivitäten suspendiert wurde? Eine allmähliche Wiederaufnahme des urbanen Tango-Lebens in der Stadt ist noch zu definieren. Mittel- und langfristig gibt es mehr Unklarheit als eine klare Perspektive.

Zusätzlich zeigt sich dabei eine Veränderung von Modellen des Kulturkonsums, durch das Streamen von Live-Musik und Diskussionen über den Stand und die Entwicklung der Kunst und Kultur. Um den Kontakt zu Hörern und Followern aufrecht zu erhalten, passen sich die Musiker kreativ an die Einschränkungen an: eine Neuheit ist die Schaffung von Inhalten für unterschiedliche Medien und Plattformen, die es erlauben, den Kontakt mit Kollegen und Fans aufrecht zu erhalten.

Was macht die aktuelle Tangoszene in Argentinien, um ihren Fans nahe zu bleiben und auch um sich selbst zu vergewissern? Wir weisen hier auf viermneue und beispielhafte Formate der Kommunikation hin, die von Künstlern geschaffen wurden, um sich und den Tango auch in Zeiten der Pandemie zu präsentieren und um im Gespräch zu bleiben.

„¿De qué va el Tango Hoy?” – Worum geht es im Tango Heute?
Dies ist ein Interview-Zyklus, gestaltet vom Orquesta Típica Misteriosa Buenos Aires. Es werden viele Größen der aktuellen Tangomusik-Szenerie interviewt wie zum Beispiel die renommierte Pianistin Analia Goldberg oder Javier de Chirico (Kopf des aufgelösten Sexteto Milonguero). Dabei geht es um die Entwicklung ihrer Musik und ihre Sichtweise auf die Zukunft des Genres. Die Interviews werden geführt von Javier Arias, dem Leiter des Orquesta und von Damián González Gantes, dem Geiger der Gruppe. Die Interviews finden sich hier: https://www.instagram.com/lamisteriosaba/.

Das Orquesta Tipica Misteriosa Buenos Aires wurde 2008 gegründet und versteht sich als Tanzorchester, das das Erbe der großen Orchester der 40er Jahre wieder aufgreift, mit einem abwechslungsreichen Repertoire klassischer Tangos, neuer Tangos, Walzern, Milongas, Milongas-Candombe und argentinischer Folklore.

„La Morada del Tango Nuevo” – Wo der Tango Nuevo zuhause ist.
Hierbei handelt es sich um ein Online-Radio Programm, welches durch Streaming  die neuen Produkte nationaler und internationaler Akteure der Tango Siglo XXI – Szene verbreitet. Exklusivmaterial sowie Live-Videos, Videoclips, Uraufführungen und Neues werden präsentiert. Das Radioprogramm wird von einer größeren Gruppe von Künstlern und Influencern des aktuellen Tangos, den Laburantes de Oro (= den Goldgräbern) gestaltet und getragen.
Die Leitung der “Laburantes de Oro” liegt bei Luciano Porcelli und  Daniela Milagros Acosta Espina. Kolumnisten sind: Kreolen-Geige – Marcela Vigide; Stilistik- Paula Gandino; Geschichte – Pablo Sensottera; Lyrisches “Ying Yang”-Natalí Di Vincenzo; Klatsch und Tratsch der “Gauchos/as” – Nicolás Tognola

Quilombo Tango – Das kreative Durcheinander des Tango
Auch dies ist ein Streaming- Projekt, welches über Facebook und Instagram verbreitet wird. Es wird gestaltet von Diego Braude – Tänzer, DJ, Korrespondent, Archivar und Photograph. Jede Sendung wartet mit unterschiedlichen Tango-Künstlern und -Arbeitern auf, mit Unterrichtsstunden, Lesungen, Videos, Interviews und Gedanken über das Thema Tango. Manche der Sendungen haben englische Untertitel.
https://www.facebook.com/tangoquilombo
Das Archiv der Sendungen ist hier: https://www.instagram.com/diego.braude/channel/?fbclid=IwAR3usrOL9w4cl8WwZ2d4zEVWn_CB0oPv6nYXcqNwVahHFCmHGllv7OqrUVw

Die Stimme Aller – Frauen und Männer
Hierbei handelt es sich um eine wöchentliche Reihe von Interviews, des feministischen Orquesta Atípica La Empoderada. Während des gesamten letzten Jahres 2020 wurden jeden Sonntag Interviews mit Musikern, Künstlern und feministischen Aktivistinnen Argentiniens gesendet wie z.B. mit Juliàn Peralta oder Noelia Sinkunas. Thema des Interviews mit Noelia Sinkunas war beispielsweise wie sie mit dem Piano eine Verbindung zwischen traditionellem Tango und Jazz/Rock/Pop/Cumbia schafft. Außerdem produzierte La Empoderada die virtuelle Milonga „El Encuentro“ mit digitaler Live Musik, welche sich großen Zuspruchs erfreute.

La Empoderada, Orquesta Atípica entstand im Januar 2018, gegründet von einer Gruppe Frauen, die zusammenfanden, um innerhalb des Genres eine neue, weibliche Identität zu ergründen und um sich gemeinsam Gehör zu verschaffen. Zu den typischen Instrumenten – Bandoneón, Geige, Klavier – gesellten sich eine große Reihe von Blasinstrumenten bestehend aus Flöten, Klarinetten und Trompeten oder Hörner und Gitarren. Auf der Suche nach Interpretationsvielfalt, arbeitet die Gruppe mit sechs Sängerinnen. Dadurch verleiht das Orchester jedem Lied unterschiedliche Klangfarben und Texturen. Atypisch ist auch die Zahl der Musikerinnen: 25 Interpretinnen, Komponistinnen und Arrangeurinnen.
https://www.instagram.com/laempoderadaoa/
https://www.facebook.com/laempoderadaorquesta

Auch das Jahr 2021 bringt eine Zeit des Experimentierens und der Zusammenarbeit, wo das Miteinander gar zu einem Code zur Bewältigung der Pandemie gerät. Über das kulturelle Leben alte Kontakte zu pflegen und neue zu schaffen ist wesentlich, um das Verhalten des Einzelnen und der Gemeinschaft zu verändern, in einer Zeit, die gekommen ist, um länger als erwartet zu bleiben. 

Derzeit nimmt die Stadt Buenos Aires wieder ihren täglichen Rhythmus auf. Die Gegenwart und die Zukunft des Tango hängen wesentlich von der Rückkehr der Konzerte und der Milongas ab. In einigen Lokalitäten werden sie bereits angekündigt. Wollen wir hoffen, dass sie bald zurückkehren.

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