Narcotango wurde 2003 von Carlos Libedinsky gegründet und zählt zu den Pionieren des Elektrotango. Die Gruppe, zu der anfänglich noch Fernando del Castillo, Marcelo Toth und Mariano Castro gehörten konnte sich als eine der innovativsten Stimmen des zeitgenössischen Tangos etablieren, indem sie die traditionelle Essenz des Genres mit elektronischen Klängen verbunden hat.
Das Debütalbum Narcotango setzte mit seiner Verschmelzung von Tango und Elektronik einen Meilenstein und schuf so eine Brücke zwischen der traditionellen Tangokultur und dem 21. Jahrhundert. Dieses und spätere Alben mit originalen Kompositionen etablierte die Band als Vorreiter des Elektrotango und trug dazu bei, den Tango mit dem zeitgenössischem Sound von Musikcomputern zu erneuern. Mit „Otra Luna“ brachte Libedinsky 2003 einen Welthit heraus, der heute noch eine fast magische Anziehungskraft ausübt und zu den einflussreichsten Titeln des Tango zu zählen ist, der weit über den Tango hinausgeht. Die Band hatte bis 2017 über 20 internationale Tourneen in Amerika und Europa absolviert und ihre Musik auf renommierten Bühnen präsentiert.
Im Laufe ihrer Karriere wurde Narcotango zweimal für die Latin Grammy Awards (2009 und 2010) und für die Gardel Awards (2009) nominiert. Ihre Diskografie umfasst bis 2017 fünf Studioalben: Narcotango (2003), Narcotango 2 (2006), Limanueva (2010), Cuenco (2013) sowie eine DVD+CD mit Live-Aufnahmen, Narcotango en Vivo (2008).
Das Interesse am Elektrotango generell ging zurück, die Milongas wurden wieder traditioneller und entsprechend reduzierten sich auch die Aktivitäten der Tangoavantgarde. Carlos Libedinsky nutzte dies nach 14 Jahren Elekrotango und nahm eine Auszeit. „Musikalisch war eine Etappe für mich gefühlsmässig abgeschlossen. Ich suchte nach einer Erweiterung meiner musikalischen Projekte und wollte auch mich persönlich weiterentwickeln“, erzählte uns Carlos. Entsprechend veränderte er auch seinen geografischen Lebensmittelpunkt und lebt seit 2017 nicht nur in Buenos Aires, sondern auch in Berlin und liess sich von dem vielseitigen, multikulturellen Musikleben in Berlin inspirieren.
Im Frühjahr 2021, während des harten Lockdowns in Argentinien, intensivierte sich jedoch wieder seine Verbindung zum Elektrotango. Die Szene bewegte sich wieder und regte auch Carlos wieder an. Er experimentierte viel, musizierte u.a. mit Miguel di Genova und Diego Ramos von Otros Aires. Ein eigener Verband wurde gegründet namens „Electro Tango Argentina“, um das Genre wieder sichtbarer zu machen und das Festival Electrotango Buenos Aires wurde aus der Taufe gehoben. Narcotango war dabei einer der großen Acts.
Eine neue Phase der Entwicklung begann, die bis heute anhält. Libedinsky als Motor und Mastermind von Narcotango flexibilisierte sein Ensemble. Zusammen mit Mariano Castro, der seit 2008 Pianist von Narcotango ist, sind viele neue Arrangements des Repertoires erarbeitet worden, die das Spielen in verschiedensten Formaten vom Duo bis zum Septett erlauben. Mit dieser Flexibilität reagiert Narcotango auf die unterschiedlichen Möglichkeiten und Anforderungen der Veranstalter. Gleichzeitig erhöhte Carlos damit die Flexibilität bei den Musikern des Projekts. Im deutschen Sprachraum tritt Narcotango häufig als Trio mit Carlos Libedinsky (Bandoneon und Electronics), Mariano Castro (Piano) und James Ogle (Geige) auf.
Außerdem wurden neue Stücke erarbeitet. Im Ergebnis sind als Neuerscheinungen von Narcotango nach der Schaffenspause die EP Narcotango Rouge in 2022 und das Album Anarcolonga 2024 veröffentlicht worden. Anfang 2025 erschien die Singel Abril. Dabei bleibt Narcotango seinem Stil treu mit einem auf die tragende Melodie konzentriertem Bandoneon, welches oft einen meditativen Touch bekommt. Anders als in der ersten Narcotangophase gehört die Geige ab der Trio-Besetzung zum Standard bei Narcotango, was der tragenden Melodie eine nochmal größere Bedeutung im Werk Libedinskys gibt.
Die moderne Tangoszene hat sich wieder belebt, der Electrotango ist ein wesentlicher Teil davon, nicht zuletzt wegen des Meilensteins „Festival Electrotango Buenos Aires“ und Carlos Libedinsky ist mit Narcotango wieder eine tragende, im Sound unverwechselbare Kraft dieser Entwicklung.